GRIMME, Hubert; Die altsinaitischen Buchstaben-Inschriften

Buch Seiten-Ausschnitt mit Bild
Beispiel: Seitenausschnitt der Publikation

Die altsinaitischen Buchstaben-Inschriften

Zählpixel Im Bestand meiner kleinen (und vermutlich auch recht feinen) Hausbibliothek besitze ich ein nicht allzu häufig auffindbares Buch-Exemplar von Prof. Hubert Grimme (1864–1942) mit dem Titel: "Die altsinaitischen Buchstaben-Inschriften"; Berlin 1929.

Buchtitel


Nach meinen Recherchen (und ich recherchiere es noch genauer) ist dieses Buch nun gemeinfrei, wie auch alle Abbildungen in der Publikation (deutsches und britisches Urheberrecht). Somit kann ich hier einige Abbildungen aus dieser sehr interessanten Arbeit des Orientalisten öffentlich zur Einsicht online einstellen.

Deutscher Orientalist, Theologe und Sprachwissenschaftler

Prof. Hubert Grimme (1864–1942) war ein deutscher Orientalist, Theologe und Sprachwissenschaftler, der sich insbesondere mit der arabischen Sprache, dem Alten Testament sowie mit der Geschichte und Kultur des Vorderen Orients beschäftigte. Er war Professor an der Universität Münster und ist vor allem bekannt für seine Arbeiten zu den semitischen Sprachen, darunter auch Untersuchungen zur frühen Schriftentwicklung und den Sinai-Inschriften.

ursprüngliche Alpahbete
Proto-kananitische Schriften von verschiedenen Forschern erstellt und von GRIMME ausgewertet.

Grimme war ein anerkannter Experte für semitische Sprachen, insbesondere das Hebräische und Arabische. Er analysierte Texte des Alten Testaments aus sprachwissenschaftlicher Sicht und trug damit zur biblischen Exegese bei. Er untersuchte die semitischen Ursprünge und ihre Verbindungen zu anderen antiken Kulturen.

Sinai-Inschriften

Grimme setzte sich aber auch intensiv mit den sogenannten proto-sinaitischen Inschriften auseinander, die als frühe Formen des Alphabets angesehen werden und in den Sinai-Bergwerken entdeckt wurden. Er war einer der Forscher, die die Entstehung der Alphabet-Schrift in diesen frühen Inschriften untersuchten, die von semitischen Arbeitern während der ägyptischen Herrschaft im Sinai hinterlassen wurden. Seine Forschungen trugen zur Diskussion über die Entwicklung der Schrift im Nahen Osten bei.

Sinai-Inschrift
Beispiel: Sinai-Inschrift (Nr. 349)



Sinai-Inschrift
Kopie vom Original oben (Nr. 349)

Bilder oben: Inschrift in hebräischer Sprache auf einer Stele aus rotem Sinai-Sandstein vom Bergwerk (Mine L.) um 15001470 v. Chr.; nach GRIMME, Seite 76 ff:
Ich (bin)Hatšepšu-mš
Oberer der (Edel-)Steinarbeiter,
Oberaufseher der Wiese der Mana [Göttin oder Gottes Gabe] auf Sinai.
[Ich seufze:] Es ist vergeblich: Gebet mir (neues) Leben!
Und du berührtest mich [o...]
und ich bin gerettet von
meinen Sünden.

GRIMMES Hypothesen

  1. Proto-Sinaitische Inschriften: Grimme war der Ansicht, dass die proto-sinaitischen Schriftzeichen als Vorläufer des phönizischen Alphabets und damit auch der hebräischen Schrift dienten. Diese Inschriften, die in den ägyptischen Bergwerken des Sinai entdeckt wurden, stammen von semitischen Arbeitern und gelten als eine der frühesten Formen des Alphabets. Grimme sah in ihnen eine Brücke zwischen den bildlichen Hieroglyphen Ägyptens und den späteren linearen Alphabeten.
  2. Hypothesen zur Schriftentwicklung: Grimme vertrat in zurückhaltender Form die Theorie, dass die hebräische Schrift nicht direkt aus den phönizischen Schriftzeichen entstanden sei, sondern möglicherweise parallele Entwicklungen oder Einflüsse aus verschiedenen semitischen Schriftformen stattgefunden hätten. Er argumentierte, dass die Entstehung der hebräischen Schrift möglicherweise auf lokale Entwicklungen in der Region Kanaan zurückzuführen ist, die teilweise von den proto-sinaitischen Inschriften inspiriert worden sein könnten.
  3. Unabhängige Entwicklung: Grimme spekulierte, dass die hebräischen Schriftzeichen sich möglicherweise aus den frühesten Schriftzeichen der semitischen Stämme entwickelten und nicht einfach eine Übernahme des phönizischen Alphabets waren. Dies führte zu der Idee, dass die hebräische Schrift eine eigenständige Evolution durchgemacht haben könnte, die in älteren semitischen Schriftsystemen wurzelt.

Bedeutung für die Forschung

Grimmes Hypothesen trugen zur Diskussion über die Ursprünge des Alphabets und der semitischen Schriftentwicklung bei. Obwohl die Mehrheit der heutigen Forschung davon ausgeht, dass das hebräische Alphabet weitgehend auf dem phönizischen Alphabet basiert, bleiben Grimmes Überlegungen zur frühen Schriftentwicklung und zur Bedeutung der proto-sinaitischen Inschriften für die Entstehung der Alphabetschrift relevant.

Ähnliche Hypothesen und deren Vertreter

Forscher, die argumentieren, dass es ältere Formen semitischer Schriftzeichen gibt, die möglicherweise in Kanaan oder Ägypten entwickelt wurden, sind unter anderem:
  1. William F. Albright (1891–1971). Albright war ein führender amerikanischer Archäologe und Orientalist. Er untersuchte die Entstehung der frühen semitischen Schriften und argumentierte, dass es eine proto-semitische Schrift gab, die in Ägypten und der Sinai-Halbinsel verwendet wurde. Diese entwickelte sich laut ihm zu einer Vorstufe der späteren semitischen Alphabete, darunter die phönizische und althebräische Schrift.
    In seiner Forschung stellte Albright eine Verbindung zwischen der proto-sinaitischen Schrift (aus dem 18. Jahrhundert v. Chr.) und den späteren semitischen Alphabeten her.
  2. Benjamin Sass (geb. 1949). Sass, ein Archäologe und Epigraphiker, ist bekannt für seine Arbeiten zur Entstehung der Alphabet-Schriften im alten Nahen Osten. Er vertritt die Auffassung, dass die semitischen Alphabete in Ägypten oder Kanaan entwickelt wurden, unabhängig oder zumindest parallel zur phönizischen Schrift. Seine Arbeiten zur proto-sinaitischen Schrift deuten darauf hin, dass sie eine wichtige Vorläuferrolle für spätere semitische Alphabete gespielt haben könnte.
  3. Orly Goldwasser (geb. 1951). Die israelische Ägyptologin Goldwasser hat intensiv über die Entstehung der Alphabetschriften geforscht. Sie argumentiert, dass die proto-sinaitische Schrift von kanaanäischen Arbeitern in den ägyptischen Minen der Sinai-Halbinsel entwickelt wurde. Diese Schrift soll der Ausgangspunkt für die späteren semitischen Alphabete gewesen sein, darunter die phönizische und althebräische Schrift.
  4. Anson Rainey (1930–2011). Ein amerikanisch-israelischer Archäologe und Epigraphiker, der viel über die kanaanäische und ägyptische Geschichte forschte. Rainey sah in der proto-semitischen Schrift eine wichtige Brücke zwischen den frühen semitischen Schriftzeichen und den späteren Alphabetsystemen.
Diese Forscher haben durch ihre Arbeit die Hypothese unterstützt, dass semitische Schriftzeichen in Regionen wie Kanaan oder Ägypten unabhängig von der phönizischen Schrift entstanden sein könnten und somit die althebräische Schrift beeinflussten.

Quellen und weitere Bemerkungen

GRIMME, Hubert; Die altsinaitischen Buchstaben-Inschriften; Berlin 1929; Seite 76 ff

Literatur in der Deutschen Nationalbibliothek: H. Grimme

Datierung der Petrieschen Sinaiinschrifen von Fr.W.v. Bissing; vorgetragen am 7. Februar 1920

Heutige Forschung

https://www.archaeologie-online.de/blog/einzigartige-gesamtschau-zur-alphabetschrift-4288/

Ludwig D. Morenz, mit Beiträgen von David Sabel; Sinai und Alphabetschrift. Die frühesten alphabetischen Inschriften und ihr kanaanäisch-ägyptischer Entstehungshorizont im Zweiten Jahrtausend v. Chr.; Berlin 2019

https://web.archive.org/web/20240927053023/https://de.wikipedia.org/wiki/Wadi-el-Hol-Schrift

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Das Jahr 1928: Raupenketten-Löffelbagger und das Hochwasser Müglitztal

Länder in denen Flachsanbau und die Produktion von Leinenstoffen eine wichtige Rolle spielen

Natur, Kultur und Zivilisation. Eine begriffliche Definition.

Steinbearbeitungen: gespitzt, scharriert, gezähnelt (Bilder-Beispiele)

Brückeneinsturz Dresden am 11. September 2024, gemeinfreie Bilder vom 12.9.2024

Megalithkulturen, weltweit. Übersicht von Video-Dokumentationen und Recherchen (Quellenstudien).

Karelien Megalithkultur. Der Berg Vottovaara.

PEGIDA in Dresden. Oktober 2014 – 2024.